In den letzten Jahren hat Steppstoff die Welt der Hobby-Näher:innen erobert – und das mit Recht! Mit seiner charakteristischen Struktur und dem wärmenden Effekt eignet er sich hervorragend für eine Vielzahl von Projekten, von Jacken und Westen bis hin zu Taschen und Heimtextilien. Die fertigen Stücke sind warm und trotzdem leicht und sehen einfach professionell aus! Da Steppstoff allerdings nicht ganz einfach zu verarbeiten ist, empfehlen wir ihn dir nicht für die allerersten Projekte – sammle lieber noch ein bisschen Erfahrung mit der Nähmaschine und im Umgang mit Schnittmustern.
Damit dein Näh-Projekt mit Steppstoff gelingt, haben wir einige Tipps und Tricks in diesem Blogbeitrag gesammelt. Mit der Zeit kommen sicher noch weitere dazu!
Steppstoff nähen
Materialkunde Steppstoff
Steppstoffe sind Stoffe, die aus zwei oder drei Lagen bestehen, die durch dekorative Nähte miteinander verbunden werden. Damit zählen Steppstoffe zu der Gruppe von Multitextilien.
Mindestens bestehen Steppstoffe aus einem Obergewebe, einem Unterstoff und den charakteristischen Steppnähten. In der zweilagigen Variante wird of ein wärmender Fleece- oder Plüschstoff als Unterstoff verwendet. Bei den häufiger zu findenden dreilagigen Steppstoffen wird zwischen den meist dünnen Lagen der Ober- und Unterstoffe zusätzlich ein Füllmaterial verarbeitet – oft ein wärmendes Volumenvlies.
Steppstoffe zeichnen sich durch ihre wärmenden und isolierenden Eigenschaften aus, sind atmungsaktiv und laden sich selten statisch auf. Daher eignen sie sich wunderbar für die Herstellung von wärmender Kleidung wie Jacken und Westen – auch für wärmende Röcke haben wir schon tolle Schnittmuster gesehen. Durch ihren Aufbau sind Steppstoffe aber auch sehr dekorativ und bieten sich daher zum Nähen von Taschen und Wohnaccessoires an.
Unser liebster Steppstoff ist übrigens der Jordan Quilt von mind the maker. Dieser hat einen ordentlichen Baumwollanteil in der obersten Stofflage und ist dadurch ganz weich und weniger flutschig als reine Polyesther-Stepper.
Unsere Projekte aus Steppstoff
Der Weekender ist eine kleine Reisetasche, die ohne Futter genäht wird. Der Steppstoff ist leicht und gibt der Tasche dennoch eine gewisse Stabilität. Die offenen Kanten haben wir bei dieser Tasche mit Schrägband eingefasst.
Der Cardigan Moskau aus Steppstoff war ein echtes Langzeitprojekt – über ein Jahr ist zwischen Zuschnitt und Fertigstellung vergangen! Die Saumkanten sowie die (eigentlich nicht vorgesehene) hintere Mittelnaht haben wir auch hier mit Schrägband eingefasst, genauso wie die Kanten der aufgesetzten Taschen. Alle weiteren Nahtzugaben haben wir einfach mit einem Zickzackstich versäubert. Statt der Löcher für den Gürtel haben wir Gürtelschlaufen aus Schrägband auf die Jacke genäht.
(Den Gürtel zum Cardigan haben wir aus einem Stück Gurtband und zwei D-Ringen genäht. In diesem Reel kannst du dir anschauen wie es geht.)
Nach einem Schnittmuster der Initiative Handarbeit haben wir die Weste Joyce genäht. Hier wird vordere Öffnung mit einem kontrastfarbenen Schrägband eingefasst – alle anderen Kanten werden mit einem Zickzackstich oder der Overlock versäubert. Die Säume der Armlöcher haben wir umgeschlagen und knappkantig abgesteppt, den unteren Saum haben wir mit einer von außen unsichtbaren Handnaht versehen.
Ein Nähpaket für die Weste kannst du im Shop bestellen.
Der Shopper aus Steppstoff ist eine echte Lieblingstasche! Stoff, Taschengriffe und der aufgenähte Patch mit Plott machen den einfachen Beutel zum Statement. Weil der Shopper komplett gefüttert ist, mussten wir uns keine Gedanken um eine hübsche Verarbeitung der Nahtzugaben machen. Wir haben sie dennoch mit einem schmalen Overlockstich versäubert, so ist die weitere Verarbeitung des Steppstoffs viel einfacher. Interessant wurde es dann beim Anbringen der Taschengurte: Der Steppstoff lässt sich nämlich nicht mit Bügeleinlage verstärken. Wir haben daher zum einen die Griffe mit kleinen, gegengelegten Gurtbandstücken gesichert, zum anderen haben wir die Löcher für die Schrauben mit einem ungewöhnlichen Werkzeug gebohrt.
Unsere Tipps und Tricks zum Nähen von Steppstoff
Zuschnitt
Schon beim Zuschneiden von Steppstoffen solltest du ein paar Punkte beachten – dann näht es sich später leichter und das Ergebnis wird schöner!
- Achte beim Zuschnitt besonders darauf, wie die Steppnähte des Stoffes verlaufen. Platziere die Schnittteile so auf dem Stoff, dass die Steppnähte an wichtigen Stellen, wie etwa Mittellinien oder Seitennähten, aufeinandertreffen. Dies erfordert etwas mehr Planung und möglicherweise auch mehr Stoff, zahlt sich aber im Endergebnis definitiv aus.
- Überlege dir auch, in welche Richtung die Steppnähte verlaufen sollen – wir haben sie z.B. bei der Jacke und der Weste vertikal und bei den beiden Taschen horizontal ausgerichtet.
- Schneide eine etwas größere Nahtzugabe zu: wir entscheiden uns bei Steppstoff gerne für 1,5 cm statt dem sonst üblichen 1 cm. Das gibt dir ein bisschen mehr Platz zum Versäubern mit der Overlock. Außerdem hast du so einen Spielraum, falls der Stoff beim Zuschnitt doch verrutscht (das tut er gern) und du ein paar mm zu viel abschneidest…
Vorbereitung zum Nähen
Auch wenn du eigentlich so schnell wie möglich anfangen möchtest zu nähen (wir kennen das!) – nimm dir die Zeit für ein paar vorbereitende Schritte. Diese machen das Nähen leichter und das Ergebnis schöner!
Versäubern
Versäubere alle Schnittteile vor dem Nähen. Du verhinderst damit ein Ausfransen der Kanten (und glatte Polyesther-Stoffe können leicht ausfransen!) und außerdem hast du damit alle Lagen des Steppstoffs schonmal gesichert. So vermeidest du, dass später einzelne Lagen unschön verrutschen. Zum Versäubern gibt es hauptsächlich zwei Möglichkeiten:
- Wenn du eine Overlock-Maschine besitzt, bietet sich diese zum Versäubern an. Du kannst hier einen schmaleren Stich als üblich wählen und z.B. die linke Nadel entfernen. Achte darauf, dass der von der Overlock abgeschnittene Streifen gleichmäßig breit ist und bedenke, dass dadurch deine Nahtzugabe etwas schmaler wird.
- Alternativ kannst du die Kanten auch mit dem Zickzackstich der normalen Nähmaschine versäubern. Wähle hier einen breiten Stich und achte darauf, dass die Kante sauber umschlossen wird.
- Übigens: Auch Kanten, die später mit Schrägband eingefasst werden, sollten vorher versäubert werden. Das macht das Einfassen deutlich leichter! Achte hier darauf, dass die versäubernde Naht weniger breit ist als das fertig angenähte Schrägband.
Stecken
Nimm dir Zeit und ein paar mehr Stecknadeln als sonst. zum Stecken. Achte besonders an gut sichtbaren Stellen wie Seitennähten und aufgesetzten Taschen darauf, dass die Steppnähte sich treffen. Wie verwenden für Steppstoff unsere ganz normalen, nicht zu dicke Stecknadeln. Diese platzieren wir wie üblich quer zur Naht – verrutscht nichts und wir können bis dicht vor der Nadel nähen und sie dann herausziehen.
Bei sehr dicken Steppstoffen können extra-lange Stecknadeln hilfreich sein!
Bügeln
Oft müssen Steppstoffe nicht gebügelt werden und das Material (mit hohem Kunstfaseranteil) verträgt keine starke Hitze. Dennoch kann es manchmal nötig sein, Nähte, Säume oder Schrägbandeinfassungen zu bügeln um ein saubereres Ergebnis zu erzielen. In diesem Fall solltest du mit möglichst niedriger Temperatur bügeln und ein Tuch unterlegen um den Steppstoff zu schützen.
Steppstoff nähen
Mit der richtigen Vorbereitung sollte das Nähen des Steppstoffs eigentlich nicht mehr schwierig sein – wir haben trotzdem noch ein paar Tipps für dich:
- Verwende eine Universal- oder Quiltnadel mittlerer Stärke.
- Um Spannungen im Stoff zu vermeiden und ein gleichmäßiges Nahtbild zu erzeugen, kannst du eine etwas längere Stichlänge als üblich einstellen.
- Verringere den Nähfußdruck ein wenig, wenn deine Maschine das erlaubt. So wird der Stoff leichter transportiert.
- Nimm dir Zeit zum Nähen und nähe langsam und gleichmäßig. So kannst du präziser nähen und verhindern, dass der Stoff verrutscht.
- Für ein flacheres Erbegnis kannst du nach dem Nähen die Nahtzugaben vorsichtig auseinanderbügeln. Beachte dazu auch unseren Absatz über das Bügeln.
Kantenverarbeitung bei Steppstoff
Besondere Aufmerksamkeit solltest du Säumen und sichtbaren Stoffkanten widmen – und damit deinem Proket ein professinelles Aussehen verleihen.
Kanten mit Schrägband einfassen
Sauber mit Schrägband eingefasste Kanten sehen professionell aus. Du kannst ein genau passendes Schrägband wählen oder Kontraste setzen.
- Stecke das Schrägband aufgefaltet rechts auf rechts und Kante auf Kante an die einzufassende, versäuberte Kante.
- Nähe es genau in der Falz, die der Kante am nächsten liegt, an den Stoff. Hier empfehlen wir, den Oberfaden zum Schrägband und den Unterfaden zum Stoff passend zu wählen.
- Falte und bügle das Schrägband vorsichtig um die Kante, sodass es die erste Naht überdeckt.
- Stecke das Schrägband mit vielen, vielen Stecknadeln fest. In diesem Fall stecken wir die Nadeln auf der rechten Stoffseite (der Seite, an der das Schrägband bereits angenäht ist) in Nahtrichtung und können so sicherstellen, dass das Schrägband auch auf der Rückseite überall erfasst wird.
- Steppe das Schrägband von rechts mit einem langen Geradstich fest. Hier empfehlen wir, den Ober- und Unterfaden passend zum Schrägband zu wählen.
- Solltest du die zweite Schrägbandseite doch nicht überall erfasst haben, kannst du die Lücken mit ein paar Handstichen retten.
Säumen von Hand
Durch den voluminösen und rutschigen Stoff kann es etwas tricky sein, Säume mit der Maschine zu nähen. Saubere und nahezu unsichtbare Säume kannst du von Hand nähen:
- Falte die versäuberte Kante gleichmäßig und sorgfältig links auf links und fixiere sie mit Klammern oder Stecknadeln. Bügle den Saum vorsichtig.
- Nähe die Kante von der linken Seite von Hand an – z.B. mit einem Hexenstich. Erfasse dabei nur die innere Stofflage. So ist die Handnaht von außen unsichtbar.
Weitere Tipps zum Nähen mit Steppstoff
Abschließend haben wir noch ein paar Tipps für dich, die wir in keine der oberen Abschnitte einordnen können:
Probestück anfertigen
Um den Stoff besser kennen zu lernen und neue Techniken auszuprobieren, lohnt es sich, ein Probestück anzufertigen. Das kann ein einfacher Stoffrest sein, der vom Zuschnitt übrig geblieben ist. Hier solltest du alles testen und üben, bevor du an deinem eigentlichen Projekt nähst!
Ungewöhnliche Lösungen
Erlaube dir, auch ungewöhnliche Lösungen auszuprobieren (natürlich erstmal am Probestück!). Wir haben zum Beispiel lange über die Löcher für die Taschengriffe am Shopper nachgedacht: Eigentlich sollte der Stoff an dieser Stelle mit einer Bügeleinlage verstärkt werden, um ein Ausfransen zu verhindern. Auf dem Steppstoff würde diese Bügeleinlage aber zum einen nicht halten, zum anderen wären damit die Wattierung und die obere Stofflage noch nicht „versorgt“. Wir haben uns daher entschieden, die Löcher mit einem Lötkolben in den Stoff zu schmelzen – die Hitze hat alle Kanten gleich versiegelt. Die Löcher an der richtigen Stelle und in der erforderlichen Größe mit diesem ungewohnten Werkzeug zu setzen, erfordert natürlich ein bisschen Übung – hier kam unser Probestück ins Spiel!
Zusätzlich haben wir den Taschengriff noch mit einem Gegenstück aus wasserfestem Gurtband gesichert.
Nähmaschine reinigen
Beim Nähen von Steppstoff kann sich einiges an Flusen lösen. Denke also daran, deine Nähmaschine nach dem Steppstoff-Projekt ordentlich zu reinigen!
Mit all diesen Tipps und Tricks sollte eurem Steppstoff-Projekt eigentlich nichts mehr im Wege stehen, oder? Schreibt uns gerne, wenn ihr euch noch weitere Informationen wünscht – wir werden diesen Beitrag sicher noch erweitern.
Viel Spaß beim Nähen!
Eure Hummeln