Seit diesem Jahr gibt es eine ganz tolle Neuigkeit im Nähkurs-Programm im Hummelhonig-Laden: Wir konnten Judith von RüSche Design dafür gewinnen, ihre langerprobten Kurse auch bei uns anzubieten! Und an ihrem ersten Abend haben die Teilnehmer im Anfänger-Kurs ein ganz einfaches Tunnelzug-Beutelchen genäht – nur gerade Nähte und aus Baumwollwebware. Ein wirklich tolles Einsteiger-Projekt! Mit dem Schnittmuster (ich weiß leider gar nicht mehr, von woher das kam) war ich nicht 100% einverstanden – ich hätte da ein paar Kleinigkeiten anders gelöst. Und damit sind wir schon beim heutigen Thema angekommen:
Ich zeige euch heute, wie ihr ganz einfache Tunnelzugbeutel nähen könnt! Die Beutel sind komplett gefüttert und zusätzlich noch mit einem Volumenvlies verstärkt. So haben sie einen tollen Stand – den ihr durch die Wahl des Stoffs noch ein bisschen verstärken könnt. Scrollt gerne mal nach ganz unten in diesem Beitrag – da ist ein Foto von zwei Beuteln, die mit Wachstuch gefüttert sind. Leider habe ich diese beiden schon verkauft, sonst wären sie spätestens jetzt meine!
Die Beutel haben einen ordentlich breiten Boden und verjüngen sich nach oben zur Öffnung leicht. So können wir uns ganz viele Möglichkeiten der Nutzung vorstellen: die kleinsten Beutel sind eine tolle Geschenkverpackung – für eine Handvoll Schoko-Ostereier oder ein kleines Glas Marmelade zum Beispiel. Die mittlere Größe ist genau richtig groß für das Unterwegs-Sockenstrickzeug, all die Ladekabel, die ihr so (in den Urlaub) mitnehmen wollt oder auch als kleiner Kultur- oder Kosmetikbeutel. Diese Größe werden ich auch unbedings noch als Lunchbag für meine Kinder nähen – eine Box mit Apfelschnitzen und ein belegtes Brötchen passen da genau rein. Die größte Größe bietet richtig Platz – für das Mittagessen, größere Strickprojekte, als Wäsche-Organizer für den Urlaub (jedem Familienmitglied sein eigener Beutel, der dann auch in der Ferienwohnung die Wäsche aufbewahren darf) oder auch als richtiger Kulturbeutel mit Platz für fast alles, was der heimische Badezimmerschrank so mitgibt.
Die allergrößte Stärke der Tunnelzugbeutel liegt aber wirklich in ihrer Einfachheit – sie sind grandios einfach zu nähen und damit ein tolles Projet für Nähanfänger. Im Ferien-Nähkurs für Kinder werde ich mit unseren Kursteilnehmer*innen ganz sicher am ersten oder zweiten Tag so einen Tunnelzugbeutel nähen!
Tunnelzugbeutel nähen
Wie viel Erfahrung braucht ihr zum Nähen eines Tunnelzugbeutels?
Die Tunnelzugbeutel sind das perfekte erste Nähprojekt: Ihr braucht nur kleine Mengen an Stoff und kein ausgefallenes Material – Volumenvlies und Kordel solltet ihr in jedem Stoffladen bekommen. Zum eigentlichen Nähen müsst ihr nur gerade Näht sowie das Verriegeln am Anfang und Ende beherrschen – und wenn mal eine Naht nicht ganz gerade gelingt, ist das bei einem kleinen Stoffbeutel auch nicht so schlimm.
Lasst euch also erklären, wie eure Nähmaschine eingefädelt wird und macht euch ein bisschen mit ihr vertraut und ihr seid dafür bereit, euren ersten Tunnelzugbeutel zu nähen!
Wie groß soll der Tunnelzugbeutel sein?
Welche Größe ihr wählt hängt natürlich davon ab, wie ihr den Tunnelzugbeutell später nutzen wollt. Wir haben euch die Fertigmaße und ein paar beispielhafte Anwendungsmöglichkeiten in der folgenden Tabelle zusammen gefasst. Wenn ihr noch nicht so viel Näherfahrung habt, empfehlen wir euch Grße M und L – die nähen sich leichter als Größe S.
Größe | Anwendungmöglichkeit (beispielhaft) | Breite (am Boden) | Tiefe (am Boden) | Höhe (von der Bodenkante bis zur Öffnung) |
S | kleine Geschenke Bonbons, Taschentücher und Pflaster – der Kleinkram der in einer großen Tasche of verschwindet | 11 cm | 8 cm | 10 cm |
M | Sockenstrickzeug Lunchbag für das zweite Frühstück in der Schule | 17 cm | 12 cm | 15 cm |
L | Kulturbeutel Wäschebeutel für den Urlaub Lunchbag für das Mittagessen | 20 cm | 14 cm | 21 cm |
Material für die Tunnelzugbeutel
Die Tunnelzugbeutel sind komplett gefüttert – das sieht nicht nur wertig aus, ihr müsst euch so auch keine Gedanken um schöne Nahtzugaben machen. Außerdem könnt ihr so überraschende Effekte erzielen – wählt einen nur dezent gemusterten, „erwachsenen“ Stoff für außen und einen bunt gemusterten für innen.
Außenstoff für die Tunnelzugbeutel
Als Außenstoff eignet sich besonders mittelfeste Baumwollwebware – Popeline, buntbedruckte Patchworkstoffe, leichter Canvas. Auch Leinen, Jeans, Tweed und Cord ergeben hübsche Beutel! Bedenkt, dass der Außenstoff sich leicht zusammenziehen lassen sollte – heavy canvas, dickes Kunstleder, Softshell und ähnlich „sperrige“ Stoffe sind nicht geeignet.
Dehnbare Stoffe (Jersey, Interlock, Sweat und ähnliche Stoffe) verwenden wir nur, wenn es unbedingt dieses Muster sein soll. Durch die Bügelverstärkung werden diese Stoffe zwar unelastisch, aber auch noch dicker als sie ohnehin schon sind.
Tunnelzug
Für den Tunnelzug könnt ihr denselben Stoff verwenden wie für den Außenstoff – hier könnt ihr auch gut ein bisschen spielen und zwar dieselbe Qualität, aber ein anderes Muster vernähen.
Futterstoff / Innenstoff für die Tunnelzugbeutel
Für das Futter der Beutel könnt ihr prinzipiell die gleichen Stoffe wie für außen verwenden. Mittelschwere Baumwollwebware lässt sich hier am leichtesten verarbeiten. Auch beschichtete Stoffe (Wachstuch) könnt ihr gut als Futterstoff verwenden – sie geben den Beuteln noch ein wenig mehr Stand und sind abwischbar und damit besonders geeignet, wenn die Beutel als Kulturbeutel, Lunch- oder Wetbag verwendet werden sollen.
Bügeleinlage
Wenn wir mittelfeste Baumwollwebware als Außenstoff verwenden, mögen wir leichte Volumenvliese (z.B. H630 von Freudenberg) als Bügelverstärkung. Damit erhalten die fertigen Beutel Stand und eine leichte Polsterung. Möchtet ihr gerne auf diese Polsterung verzichten (z.B. weil ihr einen Cord als Außenstoff gewählt habt, der schon genug Volumen mitbringt), könnt ihr stattdessen auch eine einfache Bügeleinlage (z.B. H200 von Freudenberg) verwenden.
Kordel
Zum Zuziehen der Beutel benötigt ihr eine Kordel. Hier könnt ihr ganz normale Kordel (ca. 5 mm dick) verwenden, Kordeln selber drehen oder Schrägband zur Hälfte falten und zusammennähen. Breite Satinbänder oder Lederschnüre sehen auch toll aus!
Materialbedarf – Übersicht
Der Materialbedarf hängt natürlich von der Größe des fertigen Beutels ab. Ihr könnt die Menge des benötigten Materials aus der folgenden Tabelle entnehmen:
Größe | Außenstoff, Innenstoff und Bügeleinlage | Tunnelzug | Kordel |
S | jeweils ca 25 cm breit und 35 cm lang | ca 17 cm breit und 12 cm lang | 80 cm |
M | jeweils ca 35 cm breit und 50 cm lang | ca 23 cm breit und 12 cm lang | 100 cm |
L | jeweils ca 40 cm breit und 60 cm lang | ca 25 cm breit und 12 cm lang | 110 cm |
Hilfreiches Werkzeug
Zusätzlich zu Nähmaschine und Material sind noch weitere Werkzeuge notwendig bzw hilfreich:
Schnittmuster
Das Schnittmuster für die Tunnelzugbeutel könnt ihr euch hier herunterladen. Druckt die Seiten 2-4 (Seite 1 ist der Schnittmusterplan) in tatsächlicher Größe auf eurem heimischen Drucker auf DIN A4-Papier. Die drei Seiten müsst ihr dann noch aneinander kleben. Dafür haben wir Passmarken auf dem Schnittmuster gezeichnet. Schneidet zunächst an der zweiten und dritten Seite den mit einer orangefarbenen Linie gekennzeichneten Seitenstreifen ab. Dann klebt ihr Seite 2 auf Seite 1 und Seite 3 auf die zusammengeklebten Seiten 1 und 2.
Dann schneidet ihr die gewünschte Größe aus dem Papier aus – ihr benötigt das Schnittteil für den Beutel und das Schnittteil für den Tunnel.
Schere oder Rollschneider/Schneidematte
Zum Zuschneiden des Stoffes benötigt ihr eine Stoffschere – diese sollte gut schneiden und ausschließlich für Stoff genutzt werden. Wenn ihr (als Nähanfänger) noch keine Stoffschere besitzt, könnt ihr auch eine neue Haushaltsschere benutzen.
Wir nutzen zum Zuschneiden gerne Rollschneider und Schneidematte – der Zuschnitt wird damit sauberer und geht auch etwas schneller. Allerdings erfordert die Nutzung des Rollschneider ein bisschen Übung.
Stecknadeln oder Klammern
Zum Fixieren der Stofflagen beim Nähen könnt ihr Stecknadeln oder Stoffklammern benutzen. Besonders bei beschichteten Stoffen benutzen wir gerne Klammern, da diese den Stoff nicht beschädigen.
Bügeleisen, Bügeltuch, Bügelbrett
Schon unsere Omas und Handarbeitslehrerinnen wussten: gut gebügelt ist halb genäht! Wenn ihr den Stoff vor dem Zuschnitt schonmal ordentlich bügelt, wird der Zuschnitt von Beginn an sauberer. Und auch sonst müsst ihr an ein paar Stellen noch bügeln:
- die Bügeleinlage wird – wie ihr Name sagt – auf den Außenstoff gebügelt und stabilisiert diesen ein wenig. Je nachdem, welche Bügeleinlage ihr verwendet, braucht ihr zum Aufbügeln derselben noch ein feuchtes Tuch – ein einfaches Geschirrtuch (natürlich ein frisches!) ist dafür vollkommen ausreichend.
- die Tunnelzüge werden vor dem Nähen in Form gebügelt – das Ergebnis ist deutlich hübscher als wenn ihr den Stoff nur mit den Fingern faltet.
Durchziehnadel oder Sicherheitsnadel
Um die Kordel in die Tunnel zu fädeln, benutzen wir gerne eine Durchziehnadel mit großem Öhr und abgerundeter Spitze – eine Sicherheitsnadel kann hier aber genauso benutzt werden.
Nähanleitung Tunnelzugbeutel
Und so wird der Tunnelzugbeutel genäht: Schneidet wie auf dem Schnittmuster angegeben zu – das Beutelschnittteil jeweils einmal im Bruch aus Außenstoff, Innenstoff und Bügeleinlage, den Tunnelzug zweimal aus Außenstoff. Das Schnittmuster enthält noch keine Nahtzugabe, die müsst ihr noch rundum hinzugeben (natürlich nicht an der Bruchkante). Wir verwenden für Innen- und Außenstoff gerne eine Nahtzugabe von 1 cm. Die Bügeleinlage schneiden wir etwas knapper zu (mit nur 0,75 cm Nahtzugabe) – so lässt sie sich leichter platzieren und die Gefahr, die Bügeleinlage auf das Bügelbrett zu kleben ist geringer.
Bügelt die Bügeleinlage entsprechend den Herstellerangaben auf die linke (unbedruckte) Seite des Außenstoffs. Die Nahtzugabe an den kurzen Seiten der Tunnelzug-Schnittteile bügelt ihr zur linken Stoffseite.
Dann steppt ihr die Seiten den Tunnelzugs mit einem nähfußbreiten Abstand zur Bügelkante und einem langen Geradstich ab. Näht diese Naht von der linken Stoffseite, so seht ihr die eingeschlagene Kante und seid sicher, diese auch zu erwischen. Bügelt dann den Tunnelzug der Länge nach und links auf links zur Hälfte.
Die Tunnelzüge platziert ihr dann auf dem Beutelschnittteil aus Außenstoff – mittig an den Kanten, die auf dem folgenden Foto ganz rechts und links außen liegen. Dabei liegen die offenen Schnittkanten des Tunnelzugs genau auf den Schnittkanten des Beutels. Steckt die Tunnelzüge mit ein paar Stecknadel fest. Legt dann das Beutelschnittteil aus Innenstoff rechts auf rechts auf das aus Außenstoff. Die Tunnelzüge liegen zwischen den beiden Stofflagen. Fixiert die Stofflagen mit Stecknadeln und näht die beiden äußeren Kanten mit einem Geradstich. Diese Kanten bilden später die Oberkante des Beutels.
Tipp: Verstellt die Nadelposition eurer Maschine so, dass zwischen Nadel und Füßchenkante genau 1 cm Abstand ist – so könnt ihr füßchenbreit nähen.
Zieht dann Innen- und Außenbeutel auseinander, sodass die beiden eben genähten Oberkanten genau aufeinander liegen. Auch die schrägen Seitenkanten liegen genau aufeinander, ganz außen liegen die Bruchkanten der Schnittteile – diese bilden später die Mitte des Bodens des Beutels.
Steckt die schrägen Seitenkanten und näht diese mit einem Geradstich. Genau an der Beuteloberkante (der eben genähten Naht) knickt diese Seitennht ab – lasst hier die Nadel im Stoff stecken, hebt das Nähtfüßchen und dreht den Stoff – so wird die Ecke ordentlich und schön. An einer der beiden Seitennähte müsst ihr am Innenstoff eine ca 8 cm lange Wendeöffnung offen lassen. Achtete besonders am Anfang und Ende der Wendeöffnung darauf, die Naht gut zu verriegeln.
Achtung: Die ausgesparten Ecken zwischen Seiten- und Bodennaht bleiben in diesem Schritt noch offen!
Jetzt geht es an die noch offenen Ecken: Greift dazu in eine der Ecken und zieht diese auseinander. Die Seitennaht liegt genau auf der Bruchlinie und die Schnittkanten liegen aufeinander und bilden eine gerade Linie. Fixiert die Ecke mit ein paar Stecknadeln. Die Nahtzugaben der Seitennaht legt ihr am besten auseinander.
Steckt alle vier Ecken auf diese Weise und schließt sie mit einem Geradstich. Denkt auch hier daran, die Nähte an Anfang und Ende zu verriegeln. Wendet den Beutel vorsichtig durch die Wendeöffnung.
So lange die Wendeöffnung noch offen ist, lassen sie die Ecken noch ganz leicht ausformen – ihr könnt auch einen Eckenformer oder z.B. ein Essstäbchen zur Hilfe nehmen. Wenn alles ordentlich ausgeformt ist, legt ihr an der Wendeöffnunf die Nahtzugaben sauber nach innen und beide Seiten der Öffnung genau aufeinander. Fixiert die Kanten mit ein paar Stecknadeln und schließt die Wendeöffnung mit einem Geradstich – ca 2 mm neben der Kante.
Nun könnt ihr den Innen- in den Außenbeutel schieben und erstmal euer Werk bewundern. Jetzt muss nämlich nur noch die Kordel eingezogen werden: Wir benutzen dazu am liebsten eine Durchziehnadel mit extra großem Öhr und abgerundetet Spitze – eine Sicherheitsnade funktioniert aber auch. Halbiert die Kordel und zieht die Kordel erst durch einen der Tunnel, dann durch den anderen. Die beiden Kordelenden liegen auf derselben Seite des Beutels. Verknotet die Enden, damit die Kordel nicht versehentlich wieder herausgezogen werden kann.
Fädelt die zweite Häflte der Kordel ebenfalls durch beide Tunnen – startet hier aber auf der anderen Seite des Beutels – und verknotet auch hier die Enden
Tunnelzugbeutel aus Stoffen mit Musterrichtung
Wenn ihr den Tunnelzugbeutel aus einem Stoff mit Musterrichtung nähen möchtet, solltet ihr an zwei Stellen ein bisschen aufpassen – sonst steht das Muster am fertigen Beutel auf einer Seite auf dem Kopf.
Als erstes solltet ihr den Beutel nicht im Bruch zuschneiden, sondern zweimal in derselben Richtung. Dabei müsst ihr unbedingt auch am Boden eine Nahtzugabe schneiden! Näht die beiden Beutel-Teile als erstes an der Bodennaht mit einem Geradstich zusammen. Bügelt dann die Nahtzugabe der Bodennaht auseinander ….
… und die Bügeleinlage auf die Rückseite des Beutelzuschnitts. Die zweite Stelle, an der ihr aufpassen solltet, ist die Platzierung des Tunnelzugs: wenn iht den gefalteten Tunnelzug auf das Beutelschnittteil legt, sollte das Muster auf beiden in dieselbe Richtung zeigen – dann stimmt das Muster auch am fertigen Beutel.
Davon abgesehen näht ihr den Tunnelzugbeutel genauso wie in der Version ohne Musterrichtung.
Diese beiden Beutel haben wir übrigens mit Wachstuch als Innenstoff genäht – das gibt nochmal Extra-Stand!
Viel Spaß beim Nähen!
Eure Hummeln
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